Von Oliver Abraham

Lage/Fromhausen, Kreis Lippe (NRW). Vom Kamm des Teutoburger Waldes blickt man auf die gefällige Landschaft des Lipperlandes. Ein schöner Wandertag durch lichte, bergige Buchenwälder im Osten von Nordrhein-Westfalen, sommerliches Idyll am späten Tag.

Lavendel aus der Lipper Provinz, der „Petite Provence“

Es geht hinunter von den Bergen und der herbe Duft von harziger Kiefer und der würzige von frischem Heu liegt in der Luft. Bei Fromhausen dann auch der Duft von sinnlich Betörendem, kurz vor den Externsteinen riecht es anders, doch nach was? Nach Lavendel?! 

Lavendel Blüten im Lipper Land. Foto: Oliver Abraham
Lavendel Blüten im Lipper Land. Foto: Oliver Abraham

Der Weg führt durch das Dorf, vorbei an Getreideäckern und an alten Eichen, zu einem Lavendelfeld – tatsächlich. Besucher picknicken und flanieren am Rand des Blütenmeeres und durch die Reihen, drei Leute führen Esel spazieren.

Lavendel Duft, Hummeln und spätes Licht

Bienen und Hummeln summen zwischen den Blüten und Schmetterlinge tanzen im Licht, das Gezirpe von Insekten als ein feines, nach Sommer klingendes  Hintergrundgeräusch und im Himmel rufen Bussarde. Die Hitze des Sommertages lässt nach, eine angenehme Wärme liegt jetzt über dem Land und der betörende Duft von Lavendel. Das späte Licht schärft die Konturen und macht das Blau des Lavendels stark. 

Hummeln summen zwischen den Lavendel Blüten. Foto: Oliver Abraham
Hummeln summen zwischen den Lavendel Blüten. Foto: Oliver Abraham

Lavendelanbau seit über 10 Jahren

Seit mehr als zehn Jahren baut ein Lipper Unternehmer diese Pflanze zur Gewinnung ätherischer Öle für Naturkosmetika und Düfte an – „Petite Provence“, so sagt man. Ein schöner Ort ist es, eine angenehme Stimmung. Geerntet wird nicht mehr per Hand und mit der Sichel wie zu Beginn des Lavendelanbaus hier im Lippischen, sondern längst mit einem speziellen am Traktor montierten Lavendel-Ernter aus Frankreich. Über den Blühstatus und die voraussichtliche Ernte sowie praktische Hinweise und den Standort informiert die Homepage des Unternehmens.

Lavendel zur Gewinnung ätherischer Öle – „Petite Provence“ im Lipper Land. Seit mehr als zehn Jahren baut das Lipper Unternehmen „taoasis“ um Unternehmensgründer Axel Meyer diese Pflanze hier an. Foto: Oliver Abraham
Lavendel zur Gewinnung ätherischer Öle – „Petite Provence“ im Lipper Land. Seit mehr als zehn Jahren baut „taoasis“ hier an. Foto: Oliver Abraham

Optimaler Zeitpunkt für die Ernte

Es wird spannend jetzt: Die Lavendelfelder haben der Unternehmensgründer von „taoasis“, Axel Meyer, der angestellte Landwirt Luis Rehermann und Sara Lamm von der Qualitätssicherung dieser Tage immer im Blick – es gilt, den optimalen Zeitpunkt für die Ernte zu bestimmen.

„Geerntet wird immer gegen Mittag“, erklärt Axel Meyer, „dann haben Sonne und Wärme viel Öl in die Blüten gezogen.“  In der Regel wird Lavendel Ende Juli / Anfang August  geerntet, in diesem Jahr ist er früher dran. Je näher der Termin rückt, desto intensiver weht der Lavendelduft über die Felder auch bei der Stadt Lage, dort wächst er ebenfalls. Diese Felder bei Lage sind der Mittelpunkt für Besucher.

Petite Provence im Lipper Land dank Lavendel. Foto: Oliver Abraham
Petite Provence im Lipper Land dank Lavendel. Foto: Oliver Abraham

Verhältnis der Duftkomponenten muss stimmen

Axel Meyer geht durch das Lavendelfeld am Firmensitz nahe Detmold, auch dort gibt es eines, er nimmt Blütenknospen in die Hand, zerreibt sie, riecht. Jeden Tag macht er das jetzt, denn der Tag der Ernte rückt näher. Ist das gesuchte Öl schon in ausreichender Menge in den Blüten? Ist das Verhältnis der beiden wichtigsten Duftkomponenten ausgewogen? Wenn dann alles – Wetter, Intuition, Analysebericht – passt, holt Landwirt Luis Rehermann den Traktor aus der Scheune. Und in Lippe wird wieder Lavendel geerntet.     

Axel Meyer nimmt Lavendel in die Hand, riecht. Seit mehr als zehn Jahren baut das Lipper Unternehmen „taoasis“ Lavendel an. Foto: Oliver Abraham
Axel Meyer nimmt Lavendel in die Hand, riecht. Seit mehr als zehn Jahren baut das Lipper Unternehmen „taoasis“ Lavendel an. Foto: Oliver Abraham

Lavendelfelder in voller Blüte

Am Ortsrand von Lage, befindet sich der Firmensitz von „taoasis“, es ist das Zentrum, der Ort für einen Besuch. Auch hier stehen weitere Lavendelfelder in voller Blüte, es gibt einen großen Duftgarten mit vielen Pflanzen und ein Café. Hier kann man nicht nur flanieren, nicht nur all seine Sinne kitzeln lassen, hier erfährt man Interessantes und Wissenswertes zu Duftpflanzen, zu Düften. 

Der Duft nach sinnlich Betörendem - Lavendel. Foto: Oliver Abraham
Der Duft nach sinnlich Betörendem – Lavendel. Foto: Oliver Abraham

Lavendel zählt zu den Heilpflanzen

„Lavendel zählt zu den Heilpflanzen mit dem breitesten Wirkungsspektrum“, erklärt Axel Meyer, „seine Haupteigenschaft ist ausgleichend bei allen extremen Gemütszuständen. Das heißt, Lavendel bewirkt jeweils das, was uns fehlt – wenn wir gestresst sind, wird Lavendel uns beruhigen, sind wir nervös, verspannt, lässt er uns entspannen. Sind wir dagegen melancholisch oder schwermütig, wird Lavendel uns beleben, erfrischen und aufbauen.“ Lavendel duftet leicht, blumig – denkt man da nicht sofort an Natur, an ihre Reinheit und Klarheit?       

Axel Meyer nimmt Lavendel in die Hand, schaut nach den Blüten. Foto: Oliver Abraham
Axel Meyer nimmt Lavendel in die Hand, schaut nach den Blüten. Foto: Oliver Abraham
Sehnsucht nach schönen Düften

„Es scheint fast so, als würden wir uns mit zunehmendem Gestank in den Städten und der künstlichen Aromen überall, dem Überfluss, wieder mehr unserer Nase und den natürlichen Düften bewusst werden“, meint Axel Meyer, „offensichtlich brauchen wir das Kontrastprogramm der ursprünglichen Natur.“

So wie der Mensch Ruhe braucht und Reinigung auch für den Geist, sucht er Reinheit und vielleicht ist das Riechenwollen schöner Düfte eine Sehnsucht, der Wunsch nach Einfachem, Klarem und Ursprünglichem, „…ätherische Öle, also die geheimnisvollen Essenzen der Pflanzen, sind mehr als nur Aromastoffe zur Beduftung“, sagt Axel Meyer, „sie sind der manifestierte Traum des Menschen, die Düfte der Natur einzufangen.“

Lavendel zur Gewinnung ätherischer Öle. Foto: Oliver Abraham
Lavendel zur Gewinnung ätherischer Öle. Foto: Oliver Abraham
Mehr als hundert Sorten Duftpflanzen

Vom Feld ins Fläschchen ist es ein weiter Weg, und der dauert länger als ein Spaziergang um die duftenden, bisweilen betörend sinnlich riechenden Pflanzen in ihren Beeten. Hier in Lage wachsen mehr als hundert Arten und Sorten an Duftpflanzen, die auch zur Gewinnung von Essenzen geerntet werden: Oregano zum Beispiel, Muskatellersalbei oder Immortelle, Zitronenmelisse oder auch Bergbohnenkraut. Wer spaziert, kann seine Finger an Pfefferminz oder Spearmint, der riecht nach Kaugummi, reiben (aber nicht pflücken!). Der hat den Duft von Rosen in der Nase oder den von Rosmarin. Das Feinste aber, das Wertvollste, ist der Lavendel. 

Lavendelöl in Bioqualität

Ätherische Öle werden aus der Pflanze destilliert, um daraus Kosmetikprodukte und Duftöle herzustellen. Weil der eigene Lavendel dafür nicht mehr ausreicht, wird Lavendelöl in Bio- oder Demeterqualität dazugekauft.

Und nun ist es soweit: Eines Morgens stimmt alles – die Laboranalyse von Sara Lamm bestätigt optimalen Ölgehalt, Axel Meyer streift in dieser Saison zum letzten Mal durch seine Lavendelfelder, reibt hier, riecht dort, gibt schließlich sein OK, und Luis Rehermann schmeißt den Trecker an. Die Ernte dauert bei durchgängig gutem Wetter zwei bis vier Wochen. 

Lavendel zur Gewinnung ätherischer Öle – „Petite Provence“ im Lipper Land. Seit mehr als zehn Jahren baut das Lipper Unternehmen „taoasis“ um Unternehmensgründer Axel Meyer diese Pflanze hier an. Foto: Oliver Abraham
Die Verarbeitung der Ernte. Foto: Oliver Abraham
Firmeneigene Destillationsanlage

Die geschnittenen Pflanzen bringt der Bauer zur firmeneigenen Destillationsanlage neben dem Duftgarten bei Lage, hier stehen mannshohe Edelstahlbehälter. Was folgt, ist die Wasserdampfdestillation und es duftet jetzt intensiv nach Lavendel.

Luis Rehermann hat nicht nur die Lavendelfelder im Blick, erntet nicht allein duftendes Kraut, er kennt auch das Geheimnis, ihre Essenz herzustellen: „Wir füllen die geernteten Pflanzen in diesen Behälter und verschließen ihn“, erklärt er. Dann strömt darin Wasserdampf durch die Blüten und der heiße Dampf löst das flüchtige, ätherische Öl, nimmt es mit. Wir steigen mittels einer Leiter auf ein Deck über der Anlage, Luis Rehermann kontrolliert die Armaturen und zeigt ein an die Rohre angeschlossenes Glasgefäß. 

„Das ist eine Florentiner Vase“, sagt er, „dort hinein wird das noch flüchtige Wasser-Öl-Gemisch geleitet; es kondensiert sich dort, wird wieder flüssig.“ Verglichen mit der Destillationsanlage, und verglichen mit den hektargroßen Feldern erst recht, wirkt es winzig, dieses kleine Gefäß und doch ist es das Herz des Prozesses. Denn wer genau hinsieht, erkennt darin zwei Schichten Flüssigkeit: unten kondensiertes Wasser, darauf schwimmt zittrig das Lavendelöl – die Essenz von einem Jahr Feldarbeit und tausenden Quadratmetern Acker. „Pro Destillation gewinnen wir rund einen halben Liter Lavendelöl“, sagt Luis Rehermann. 

Axel Meyer lebt Lavendel.. Seit mehr als zehn Jahren baut das Lipper Unternehmen „taoasis“ Lavendel an. Foto: Oliver Abraham
Axel Meyer lebt Lavendel.. Seit mehr als zehn Jahren baut das Lipper Unternehmen „taoasis“ Lavendel an. Foto: Oliver Abraham
Kreationen an der Duftorgel

Parfums werden komponiert wie ein Musikstück: Axel Meyer zeigt seine „Duftorgel“, also einen halbrunden Tisch, an dem Parfumeure spielen wie Organisten auf einem Instrument. Der Tisch wird vorn begrenzt mit kleinen Regalen, auf denen hunderte sortenreine Duftöle stehen – natürlich auch Lavendel aus heimischem Anbau, und ebenso exotische oder besondere Sorten wie beispielweise Iriswurzel.

Axel Meyer komponiert Düfte, natürlich auch aus heimischen Lavendel. Foto: Oliver Abraham
Axel Meyer komponiert Düfte, natürlich auch aus heimischen Lavendel. Foto: Oliver Abraham
Es klingt und swingt, spielt miteinander

Ist ein Musikstück aus verschiedenen Tönen aufgebaut und wird mit unterschiedlichen Instrumenten gespielt, so ist ein Parfum aus unterschiedlichen Grunddüften komponiert: Gefällig und zueinander passend, etwas, das miteinander spielt, klingt und swingt.

Kopf- und Herznoten für die Duftkompositionen

„Eine Duftkomposition, also ein Parfum oder Raumduft, ist aufgebaut wie eine Pyramide“, sagt Axel Meyer und legt die Pipetten und seine Notizen mit auf den Tropfen genauen Angaben an die Seite, „oben steht die sogenannte Kopfnote mit den flüchtigsten, sofort erkennbarem Düften wie zum Beispiel Zitrusnoten.“ Dann folgt die Herznote, der Charakter mit beispielsweise Lavendel, dann die langanhaltendes Basis mit Düften von Sandelholz oder Vanille. 

Hier entsteht eine Duftkomposition, Axel Meyer an seiner „Duftorgel“. Foto: Oliver Abraham
Hier entsteht eine Duftkomposition, Axel Meyer an seiner „Duftorgel“. Foto: Oliver Abraham
Kompositionen für Emotionen

Was lockt, was passt, was hält? Nicht jeder einzelne Duft passt mit jedem anderen zusammen, und passt auch nicht zu jeder Person. Die Kunst, und das Können, ist es, eine Komposition zu entwickeln, die Emotionen weckt, die in den Kopf und in das Herz geht. Und die Menschen, ihre Stimmung, begleitet. Gute fördert, missliche bessert. So wie Lavendel das kann, so, wie es Axel Meyer eingangs erklärt hat. Und Parfumrezepte sind Geheimrezepte im wahren Wortsinn.

Petite Provence  im Lipper Land dank Lavendel. Foto: Oliver Abraham
„Petite Provence“ im Lipper Land dank Lavendel. Foto: Oliver Abraham

Information:        

Taoasis Natur Duft Manufaktur, Am Duftgarten 1, 32791 Lage, www.taoasis.de

Im zwei Hektar großen Botanischen Duftgarten, der an das Firmengelände angrenzt, wachsen mehr als 500.000 Pflanzen in über 120 Arten und Gattungen. Natürlich (und in Feldern ringsherum) der Lavendel „Lavendula angustifolia“, aber auch Duft- und Aromapflanzen wie zum Beispiel Pfefferminz oder Ysop: auch Exoten sowie zahlreiche seltene und exotische Bäume wie zum Beispiel Zimtahorn oder Kaukasische Flügelnuss, Zirbe oder Fichte. Man kann diesen Garten selbst erkunden oder sich einer Führung anschließen. Es gibt ein Café und einen Laden, es gibt Ausstellungen und Veranstaltungen. 

Für das ein paar Kilometer weiter südöstlich des Duftgartens und Firmensitzes gelegene Lavendelfeld (also das bei Fromhausen) gibt es in der Saison einen Bus-Shuttle vom Parkplatz Externsteine, Buslinie 782.       

Informationen zur Urlaubsregion Teutoburger Wald: www.teutoburgerwald.de         

Alle Angaben ohne Gewähr. Dieser Bericht stellt keine Wertung untereinander und / oder gegenüber anderen Unternehmen, Personen, Waren oder Dienstleistungen o.Ä. dar und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein