Japan mit allen Sinnen erleben
Von Oliver Abraham und Mario Vedder (Fotos)

Düsseldorf. Es ist nicht einfach nur Sushi im „Maruyasu“, es ist ein Staunen und ein Beginn mit Beratung und Brenner, ein Essen voller Vorfreude, eine Reise in die Küche Japans. Mit Hotate (Jakobsmuschel) und Ikura (Fischrogen), mit Choturo (dem etwas fetteren Thunfisch) und Maguro (dem mageren).
Ich esse von hellem Fisch zu dunklem, von magerem zu fetterem. Den Ingwer zwischendurch (und nicht darauf), um die Geschmäcker auseinanderzuhalten. Jedes für sich, wie schöne Sätze, und zusammen ist es ein Gedicht. Und auch Unagi, mit Aal? Aber sicher! Denn auch der ist köstlich, nicht so fettig, nicht das, was ich bisher vom Aal kannte. Feiner.



Genuss mit Zeit und Muße in Little Tokyo
Und die in Reisessig marinierte Makrele – Aburi Battera – wurde vor dem Servieren kurz flambiert, um ihr noch Röstaromen zu verleihen. Zu diesem Häppchen gibt es Yuzu-Ponzu-Sauce, eine Soja-Sauce mit Reisessig und dem Saft der Zitrusfrucht Yuzu. Ach ja, die Soja-Sauce. Sie ist nicht einfach nur Tunke, sondern auch etwas Besonderes und bisweilen eine Wissenschaft für sich. Jedes Einzelne verdient hier Beachtung und Respekt. Es soll, muss, ein Genuss mit Zeit und Muße sein. Dafür ist hier alles da.

Die Immermannstraße – Düsseldorfs japanisches Zentrum
Die Immermannstraße in Düsseldorf also, ausgeschildert auch auf Japanisch, und gelegen zwischen Hauptbahnhof und Altstadt. Einer der intensivsten und vielfältigsten Orte japanischer Küche und Kultur in ganz Europa. Wer mehr möchte, muss wohl das Flugzeug nehmen.




Wo beginnen, wie den Tag beschließen? Mit Ramen, der variantenreichen Nudelsuppe, oder mit der regionalen Küche wie der der Nord-Insel Hokkaido, mit Meeresfrüchten oder Waffelfischen (eine Art Gebäck, ein Glücksbringer wie bei uns das Kleeblatt), mit vom Eisblock geschabtem Wassereis (mit Mango oder Roter-Bohnen-Sauce)? Oder doch mit sehr edlem Tee? Es ist zunächst überwältigend, auch für den Vielgereisten und Alles-Probierer. Da braucht es kundige Führung:

Petra Fujiwara – Seit über 40 Jahren Teil von Little Tokyo
Petra Fujiwara arbeitet in Düsseldorf als Guide und kennt „Little Tokyo“ seit mehr als 40 Jahren. Sie führt Gäste durch das Quartier an der Immermannstraße. Sie kennt die Restaurants und japanischen Lebensmittelmärkte, die Geschäfte für Tee und Wohnkultur, die Buchläden und Cafés. Ein Besuch in „Little Tokyo“ ist eine Stippvisite in die Küche und Lebensart Japans. Es ist ein besonderer Ort. Gewiss kann es an den Wochenenden voll werden, doch auch dann bleibt es ein sonderbar ordentlicher, angenehmer Ort. „An manchem Samstagmorgen sammeln die Japaner hier sogar selbst den Müll ein“, sagt Petra Fujiwara.

Warum gerade Düsseldorf? Eine japanisch-deutsche Erfolgsgeschichte
Wieso gerade in Düsseldorf? „Nach dem Zweiten Weltkrieg suchte Japan für den Wiederaufbau eine Verbindung zum Ruhrgebiet“, erklärt sie, „das Land war vom Krieg zerstört und man suchte Lieferanten für Stahl und chemische Produkte. Die Lage von Düsseldorf als Landeshauptstadt von Nordrhein-Westfalen schien damals günstig, auch durch die Nähe zur damaligen Bundeshauptstadt Bonn.“





Die Stadt förderte die japanischen Bestrebungen und Beziehungen, und so ist die Landeshauptstadt von NRW eines der wichtigsten Zentren japanischer Wirtschaft in Europa geworden. Viele namhafte japanische Unternehmen sind mit spezialisiertem und leitenden Personal (und deren Familienangehörigen) in Düsseldorf vertreten. Um deren Bedürfnisse zu bedienen, bildete sich eine entsprechende Infrastruktur. Heute leben rund 8.000 Japanerinnen und Japaner in Düsseldorf.

Schule, Tempel, Garten – wie Tradition gepflegt wird
Natürlich kam so auch die japanische Kultur nach Düsseldorf wie zum Beispiel in Form von Buchläden – in den ersten Jahren war es für die hier lebenden Japaner wichtig, Zeitungen in der Landessprache zu erhalten. 1971 wurde die japanische Schule errichtet, die exakt nach dem Curriculum wie in Japan unterrichtet. So finden die Kinder der hier lebenden Expats bei der Rückkehr unproblematisch Anschluss, dies ist ein wichtiger Standortfaktor für Düsseldorf.
In den 1980er-Jahren wurde ein buddhistischer Tempel errichtet – es ist der einzige in original japanischer Architektur gebaute buddhistische Tempel in Europa. Ein exquisiter japanischer Garten gehört zu diesem Gesamtensemble. Des Weiteren spendete die japanische Gemeinde 1975 einen japanischen Garten, der im öffentlichen Nordpark der Stadt angelegt wurde. Dort trifft sich heute regelmäßig die Manga-Fangemeinde.
Die Entwicklung von Little Tokyo: Vom Insidertipp zum Trendviertel
Die meisten der hier lebenden Japaner wohnen nicht in „Little Tokyo“, sondern im Düsseldorfer Stadtteil Niederkassel, in der Nähe der japanischen Schule. Dennoch ist das Quartier um die Immermannstraße heute Mittelpunkt der japanischen Kultur und Kulinarik in Düsseldorf – hier begann alles rund um das Deutsch-Japanische Zentrum. Hier waren die ersten Büros und auch die ersten japanischen Restaurants. Küche und Kultur waren dem deutschen Publikum lange fremd, „Little Tokyo“ blieb ein Viertel für sich. Obwohl: Ein Geheimtipp waren die Restaurants längst.
In den 2000er-Jahren änderte sich das: Die japanische Küche wurde – im Gegensatz zur damals bereits längst in Deutschland etablierten „chinesischen“ – entdeckt und nun zunehmend geschätzt. „Das späte Interesse liegt vielleicht auch daran, dass japanisches Essen eher teuer ist und zunächst ungewohnt und exotisch wirkte“, meint Petra Fujiwara. Die Nudelsuppe Ramen mit Fleisch und Gemüse, die konnte man mal versuchen. Aber roher Fisch? Nein, den zunächst nicht.

Bis der Sushi-Trend aus Amerika ans Rheinufer schwappte. Und in Düsseldorf ließ sich die ganze Bandbreite der Küche Japans problemlos probieren und entdecken; es war ja längst alles in hervorragender Qualität vorhanden – die Köche, Restaurants, die Auswahl an Lebensmitteln und die Verbindungen zu den Bezugsquellen in Japan. „Japaner geben viel Geld fürs Essen aus“, sagt Petra Fujiwara. Hier gibt es Tee zu dreißig Euro pro Packung und Melonen zu fünfzig Euro das Stück, eine hundert-Gramm-Packung hauchdünn aufgeschnittenes Fleisch für den Eintopf Shabu-Shabu zu 30,- Euro und Rindfleisch zu 260,- Euro das Kilogramm. Und Messer, die noch viel mehr kosten.
Japanischer Genuss zum Mitnehmen

Ein Besuch im Lebensmittelgeschäft Shochiku
Wir gehen in das Lebensmittelgeschäft Shochiku in der Immermannstraße Nummer 15, „Japan vor Ort“ nennen sie sich im Zusatz. In einem Kühlschrank liegt die Wasabi-Wurzel zum Preis von 48 Euro.

Wasabi, der grüne Meerrettich für Sushi, ist anspruchsvoll im Anbau und wächst in fließendem, sehr sauberem Wasser. Wasabi ist etwas Besonderes. Und nach der reinen Lehre wird der auf getrockneter, rauer Haifischhaut gerieben. I




n der Kühltheke liegt hier Thunfisch in verschiedenen Variationen, dazu Seeigel, Oktopus, Wildfänge, vieles mehr. Auch hier taucht der Aal wieder auf, in diesem Fall gegrillt mit Sauce. Dieses Geschäft mit seinen authentischen Produkten – zum Beispiel auch einer Auswahl an Sojasaucen und Essigen, Algen und Mochi (kleinen Happen aus Reismehl, süß oder herzhaft, auch mit Kirschblättern umwickelt) – ist ein faszinierendes Erlebnis japanischen Geschmacks. Für den kleinen Hunger gibt’s einen kalten Imbiss aus Reis, gewickelt in getrockneter Alge und mit Füllung – Onigiri – auf die Hand.

Wohnkultur im „kyoto by japan art deco“
Wir schauen bei Herrn Yoshimatsu vorbei, er betreibt ein Geschäft unter anderem für Tee und Wohnkultur („kyoto by japan art deco“, Immermannstraße 26) und ist seit 35 Jahren in Düsseldorf. Im Geschäft herrscht eine fast feierliche Ruhe, ein frisches Ikebana steht am Eingang, die Blumen sind vom Hausherrn selbst arrangiert.

Zu hören sind feines Wasserplätschern und die leisen Melodien klassischer japanischer Instrumentalmusik. Hier gibt es zum Beispiel eine Auswahl erlesener Sake sowie Messer und Keramiken. Bio-Grüntee und Matcha natürlich auch, die Anbauregion, manche Tee-Plantage, kenne er persönlich und fahre bald wieder hin, die neue Ernte treffe im Mai ein.




Man spürt nicht nur die zurückhaltende Eleganz und eine Harmonie, sowohl im Geschäft als auch im Gespräch, sondern auch eine stille Leidenschaft. Herr Yoshimatsu berichtet vom Tee-Anbau in seiner Heimat und davon, wie diese edlen Produkte korrekt zubereitet werden.

Ein perfekter Abschluss im „Kushi-Tei of Tokyo“
Sie wollten noch wissen, wie man einen solchen Tag kulinarisch beenden kann? So zum Beispiel: im „Kushi-Tei of Tokyo“. Die kleinen Grillspieße, Kushiyaki, sind hier eine Spezialität. Sie kommen frisch vom Holzkohle-Grill. Es ist ein kurzes Warten, auch hier, und eines voller Vorfreude ebenso.

Die Sinne werden gekitzelt beim Zuschauen, wie der Mann am Grill arbeitet, und was für ein Duft! Man hört es werkeln und ein angenehmes Stimmendickicht, fühlt sich aufgehoben und vorbereitet für den Teller mit den Grillspießchen der zuvor ausgewählten Fleisch- und Fischsorten. Leicht prickelnd auf der Zunge vom Holzkohlerauch, der Tintenfisch ganz zart, so wie das andere Gegrillte auch, und der Aal (da ist er wieder) nicht so fettig. Alles auf den Punkt, und jedes für sich. Was für Aromen! So kann man das machen; eine Reise durch die Küche Japans, Entdeckungen. Ohne dafür gleich in ein Flugzeug steigen zu müssen.

Informationen und Veranstaltungstipps
Zeremonien und Workshops im EKO-Haus
Informationen:
– Wer an einer Tee-Zeremonie teilnehmen möchte, möge sich an das EKO-Haus wenden, das allerdings nicht in diesem Quartier liegt, sondern etwas außerhalb der Innenstadt in Düsseldorf-Niederkassel.
– EKO-Haus der Japanischen Kultur e.V. – Tempel, traditionelles japanisches Haus und der Tempelgarten, Workshops und Veranstaltungen (wie zum Beispiel neben der Tee-Zeremonie auch Kurse zu Kalligraphie oder Tuschemalerei): www.eko-haus.de
Japantag 2025 in Düsseldorf
– Der traditionelle Japantag 2025 findet am Samstag, den 24. Mai, statt. Unter anderem mit einem vielseitigen Bühnenprogramm entlang der Rheinuferpromenade. Ein Höhepunkt ist gewiss das japanische Feuerwerk – und es wird ein Nachthimmel voller Magie sein.
Ab 11 Uhr kann man die japanische Kultur an rund 90 Ständen entdecken. Das Programm der Hauptbühne auf dem Burgplatz startet ab 11.30 Uhr. Die offizielle Eröffnungszeremonie mit dem traditionellen Sake-Fass-Anschlag findet um 12 Uhr am Burgplatz statt. Traditionelle Stände entlang der Rheinuferpromenade bieten Einblicke in japanische Traditionen. Wettbewerbe wie Cosplay oder Karaoke finden auf der Popkulturbühne am Johannes-Rau-Platz statt. An der Unteren Rheinwerft steht ein breites gastronomisches Angebot zur Verfügung.
– Alle weiteren Informationen sowie das komplette Programm zum Japan-Tag Düsseldorf/NRW finden Sie auf der offiziellen Website unter www.visitduesseldorf.de/erleben/veranstaltungen/japan-tag-duesseldorf-nrw.
– Informationen zu Düsseldorf und „Little Tokyo“: www.visitduesseldorf.de

Diese Reise wurde unterstützt von Düsseldorf Tourismus GmbH
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