Von Oliver Abraham

Dachstein Rieseneishöhle Hallstatt, Bundesland Oberösterreich/Österreich. Die Felswände des Dachsteinmassivs hier in der UNESCO-Welterberegion Hallstatt-Dachstein/Salzkammergut ragen senkrecht in die Höhe. Es nieselt und nur die Alpendohlen sind zu hören, sonst ist es seltsam still. Je näher ich der Felswand komme, desto gewaltiger wirkt sie.

Eisige Luft will raus, muss aber im Berg bleiben

Ein kleines Häuschen steht an ihrem Fuße, es wirkt mit seinen an den Felsen gemauerten Wänden wie mit diesen verwachsen. Der Höhlenführer telefoniert, öffnet dann die erste von drei Türen; damit ist es eine Art Schleuse, denn sonst würde die kalte Luft mit Sturmstärke aus der Höhle tosen. Und mit jedem Mal wäre ein wenig Kälte verloren, die eisige Luft aber muss im Berg bleiben. Willkommen in der Dachstein-Rieseneishöhle.

Die Eisformationen in der Dachstein Rieseneishöhle Hallstatt sind einem ständigen Prozess von Werden und Vergehen unterworfen. Foto: Oliver Abraham
Die Eisformationen in der Dachstein Rieseneishöhle sind einem ständigen Prozess von Werden und Vergehen unterworfen. Foto: Oliver Abraham

Das Geheimnis der Dachstein Rieseneishöhle Hallstatt: Entstehung und Erhaltung

Es gibt in den (nördlichen) Alpen einige Eishöhlen, ein paar kann man besuchen. Es sind Höhlen im Fels, in denen sich über die Zeit Eis gebildet und erhalten hat. Im Winter kühlt sich die Höhle ab. Warme Luft steigt in den Gängen und Schloten auf – sie ist leichter als kalte Luft – und entweicht durch Öffnungen oben auf dem Dachsteinmassiv.

Dadurch wird die außenliegende und winterkalte Luft durch die unteren Höhlenöffnungen, wie zum Beispiel den Ausgang der Schauhöhle, angesaugt; deshalb sind die Türen dann geöffnet und die unteren Bereiche nahe der „frischen Luft“ sind die kältesten der Höhle. Die Felswände im Höhlensystem werden auf diese Weise unter den Gefrierpunkt gekühlt. Fließt Wasser in die Höhle (dies geschieht durch Spalten und Risse im Gestein), bildet sich Eis.

Die Dachstein Rieseneishöhle. Foto: Oliver Abraham
Die Dachstein Rieseneishöhle. Foto: Oliver Abraham

Im Sommer dreht sich das System um: Draußen ist es nun wärmer, und die kalte Höhlenluft fließt jetzt nach unten und drängt nach draußen; dadurch wird warme Luft von oben in die Höhle gesogen; deshalb sind die Türen dann geschlossen, denn die Höhle soll sich nicht erwärmen. So, und trotz der dann umgestellten klimatischen Begebenheiten, bleibt es in einer Eishöhle auch über den Sommer genügend kalt, damit das Eis erhalten bleibt. Am meisten Eis wächst im Frühjahr, wenn die Eishöhle maximal gekühlt ist und kaltes Schmelzwasser eindringt.

Die eisige Reise beginnt: Vom Fels zum majestätischen Eispalast

Wir gehen tiefer in die Eishöhle hinein, doch zunächst ist noch nichts vom Eis zu sehen, nur beige-brauner Fels und ein paar hübsche Tropfsteine. Es ist Kalkstein, der ist wasserdurchlässig; nur dann und in einer bestimmten Höhenlage der Alpen und anderer Gebirge können Eishöhlen entstehen.

Eine Metalltreppe führt hinauf und höher in den Berg hinein. Der Gang weitet sich, die Höhle wird immer größer. Nun ist erstes Eis zu sehen, klein noch und unscheinbar, es fällt zunächst nur auf, weil es im Licht der Lampe glitzert. Neben der Treppe jedoch, zwei, drei Meter tiefer, ist der Boden bereits von Eis bedeckt und man bekommt eine Ahnung von dem, was noch kommen wird. Es geht hinauf in den Eispalast, und es ist ein überwältigender Anblick – neben den Treppen scheint sich ein Gletscher im Berg zu ergießen.

Licht und Eis - eine Wunderwelt. Foto: Oliver Abraham
Licht und Eis – eine Wunderwelt. Foto: Oliver Abraham

Skulpturen aus Licht und Eis: Die Wunderwelt der Dachstein-Rieseneishöhle

Es wird nun größer und immer gewaltiger. Manches Eis ist glatt und wie gebändert in hellem Grau oder es sieht aus wie ein Eisberg, der im Berg gestrandet ist. Mächtige Säulen aus Eis stehen hier, manche sehen aus wie riesige Zuckerhüte und sind fünfmal so hoch wie ein erwachsener Mensch groß ist. Wer zu Beginn der Saison kommt, wird vielleicht Gardinen aus Eis entdecken, wie sie fein und filigran aus der Decke wachsen. Zu sehen sind Eisskulpturen in sonderbarer Form – wie ein aufgerissenes Maul hier, wie ein Amboss dort. Manche Eisgebilde sind von der Höhlenbeleuchtung geschickt in Szene gesetzt. Es erscheint unwirklich – wie kann man das begreifen?

Für solche Naturphänomene fehlt meist der Vergleich, was bleibt, ist stilles Staunen. Fantastisch ist es, und den ersten Entdeckern – die das hier gegen Ende des vorvergangenen Jahrhunderts gefunden haben – blieb wohl auch nur die Welt der Fabeln und Märchen: Tristan, Parsifal und König Artus; die Räume hier tragen ihre Namen und den Begriff „Dom“ im Zusatz. Auch deshalb bleibt es mystisch, geheimnisvoll und eine Gänsehaut gibt es nicht allein der Temperatur wegen. Hier und heute sind es exakt minus 0,01 Grad Celsius.

Alter und Wandel des Höhleneises in der Dachstein Rieseneishöhle Hallstadt. Foto: Oliver Abraham
Alter und Wandel des Höhleneises. Foto: Oliver Abraham

Ein Gedächtnis des Klimas: Alter und Wandel des Höhleneises

Die Eisformationen in der Dachstein-Rieseneishöhle sind einem ständigen Prozess von Werden und Vergehen unterworfen. Das Höhleneis existiert in einem empfindlichen Gleichgewicht zwischen Wasserzufluss, Temperatur und Luftzirkulation in der Höhle, heißt es seitens der Betreiber; in manchen Jahren nehme das Eis zu, in anderen Jahren schmelze es wieder ab. Dauerhaft wachse das Eis vor allem in Bereichen, wo Schmelzwasser im Winter durch Spalten in die Höhle eindringt und dort bei konstant niedrigen Temperaturen gefriere, heißt es seitens der Höhlenbetreiber weiter. An anderen Stellen könne es durch warme Sommer oder Luftbewegungen wieder zurückgehen.

Das Klimagedächtnis in der Eishöhle. Foto: Oliver Abraham
Das Klimagedächtnis in der Eishöhle. Foto: Oliver Abraham

Ein Großteil des Eises ist mehrere Hundert Jahre alt

Grundsätzlich lasse sich beobachten, dass die Eisdecke über Jahrhunderte hinweg immer wieder zu- und abgenommen habe. Durch die Klimaerwärmung der letzten Jahrzehnte gebe es allerdings Tendenzen zu stärkeren Rückgängen in manchen Bereichen. Es ist selbstverständlich noch immer viel Eis in der Höhle, noch immer – und noch für einige Zeit – ist es erlebbar und beeindruckend. Ein Großteil des Eises ist mehrere Hundert Jahre alt. Untersuchungen zeigen, dass die Bildung in der heutigen Form vor ungefähr 500 Jahren begann. Einzelne Schichten stellen damit ein Gedächtnis des Klimas der letzten Jahrhunderte dar.

Die Eisformationen in der Dachstein Rieseneishöhle sind einem ständigen Prozess von Werden und Vergehen unterworfen. Foto: Oliver Abraham
Die Eisformationen in der Dachstein Rieseneishöhle sind einem ständigen Prozess von Werden und Vergehen unterworfen. Foto: Oliver Abraham

Faszination Eiskapelle: Formen, Farben und der Abschied

Der Fels ist mal cremefarben, mal ist er rötlich. Das Eis ist hier durchsichtig und kristallin, bisweilen glitzernd, oder es ist opak in elfenbeinfarbenem Weiß dort. Es funkelt und es schimmert, und weiter hinten leuchtet es türkis. Was wie ein See aussieht, ist klar gefrorenes Wasser. Runde Formen aus Eis umschmeicheln schroffen, scharfen Fels.

Es wirkt fremd und wie in einem Traum, bizarr wie die – so sieht es aus – im Augenblick erstarrte Gischt einer Welle. Es ist ein seltsames Spiel der Natur, reizvoll es zu betrachten und beeindruckend, es im Bauch der Berge zu erleben. Die Treppen, Stufen und Geländer wirken winzig und verletzlich. Aus mancher Kluft, aus mancher Spalte im Fels ergießt sich ein Strom aus Eis, auch der im Fall erstarrt, natürlich gewachsen. Eisbögen schimmern hell vor dunklem Fels hier, winzige, muschelförmige Formationen auf einem Eisfeld dort. Es ist eine fantastische Vielfalt in Form und Farbe.

Und bald ist man hoch darüber: In der Eiskapelle fallen Tropfen leise auf die Eisfelder, und eine 35 m lange Hängebrücke führt über die Tiefe, vorbei an einem massiven Eiskegel – es sind wohl die gewaltigsten Eisformationen dieser Höhle, eine Landschaft aus Eis. Mit farbigen Lichteffekten wird der Faszination noch ein wenig nachgeholfen – blau, violett, für die Fantasie gemacht. Hier steht eine Eisformation, die wie ein Vulkan aussieht, dort Märchenschlösser aus der Traumwelt. Der Blick nach unten offenbart Eisfälle, die wie im Sturz erstarrt wirken und Felsen wie von einem Zuckerguss umgeben. Dann öffnet der Höhlenführer eine Tür, durch die wir diese Welt verlassen und in den Nieselregen treten. Im späten Herbst sind König Artus, Parsifal und Tristan wieder unter sich.

Besucherinformationen zur Dachstein-Rieseneishöhle:

  • Öffnungszeiten: Dachstein-Rieseneishöhle bis 02.11.2025
  • Dauer der Führung: rund 50 Minuten
  • Anreise: Parkplätze an der Bergbahn-Talstation, Anreise ÖPNV möglich (direkte Busverbindung, die stündlich fährt)
  • Infos zur Ferienregion: www.dachstein-salzkammergut.at
  • Information zum Reiseland Österreich: www.austria.info

Diese Reise wurde unterstützt von Österreich Werbung und der Ferienregion Dachstein-Salzkammergut.

Alle Angaben ohne Gewähr. Dieser Bericht stellt keine Wertung untereinander und/oder gegenüber anderen Unternehmen, Personen, Waren oder Dienstleistungen o.Ä. dar und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

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