Von Oliver Abraham
Wagrain, Land Salzburg/Österreich. Alpakas sind so knuffig, ruhig und gelassen – ihre Ausstrahlung ist Balsam für die Seele. Und wenn sie dann auch noch an den Zaun kommen, auf einen Happen Grünzeug etwa… heute leider eher nicht, heute Morgen spazieren gehen? Bei Nebel und Nieselregen? Nicht ganz so gern. Noch nicht.
Alpakas in Österreich sind die perfekten Alm-Bewohner
Alpakas auf dem Kitzsteingut in Pongau
Ingrid Püls und Bernhard Maurer von der Alpaka-Alm überzeugen zwei der Kleinkamele aber dann doch recht schnell mit einer Handvoll Leckerli. Auf dem Kitzsteingut im Pongau kann man nicht nur Wandern mit Alpakas, auf dem Hof wird die Wolle auch verarbeitet.
Bernhard Maurer war kein Bauer, als er den Hof übernahm, fand dann aber mit den Alpakas Zukunftsfähiges. Es geht zunächst in den hofeigenen Betrieb, der Regen soll vorbeiziehen, und Maurer zeigt, was er mit der Wolle macht.
„Alpaka-Haar wird auch als das Vlies der Götter bezeichnet.“
Bernhard Maurer
„Es zählt zu den Edeltierhaaren. Alpaka-Wolle ist herrlich – sie wirkt thermoregulierend; isoliert bei Kälte und bei Wärme. Sie ist fettfrei, weich und sie kratzt nicht. Außerdem ist sie ein reines Bio-Produkt, wir waschen sie nur mit Wasser und Seife.“
Nachhaltigkeit und Regionalität
Mützen und Stirnbänder werden im Dorf per Hand gestrickt. „… und die Tiere sind Landschaftspfleger, ich erhalte damit das Kulturgut Alm – so funktioniert Nachhaltigkeit und Regionalität“, sagt Bernhard Maurer. Von der Schur bis zu den Produkten wird die Wolle auf der Alpaka-Alm verarbeitet. Im Hofladen gibt es zum Beispiel Strickwaren wie Mützen und Socken, Bettwaren wie Polster oder Decken, Filzwaren wie Schuheinlagen oder Sitzauflagen und kompostierbare Einkaufstaschen.
Wolle aus der 100 Jahre alten Kardiermaschine
„Zuerst wird die Wolle grob gereinigt und dann gewaschen. Wenn die Wolle trocken ist, kommt sie in eine Kardiermaschine, die ist über hundert Jahre alt und funktioniert noch immer tadellos.“ Beim Kardieren werden die losen Fasern maschinell in eine Richtung gebracht, es ist der Schritt vor dem Spinnen – ohne diese Ordnung lässt sich kein Garn oder Gewebe herstellen. Dann zeigt Bernhard Maurer eine 3-D-Strickmaschine, mit der Handschuhe und Socken gestickt werden.
Bis zu 90 Kilogramm Wolle
„Wir kaufen für unsere Wollmanufaktur auch Alpaka- und Lamawolle aus Österreich und Deutschland dazu, unsere eigenen Alpakas liefern pro Jahr nur rund 80 bis 90 Kilogramm Wolle – der Zukauf ist nötig, um genügend Produkte herstellen zu können. Pro Schur und Tier bei unseren eigenen Alpakas sind es im Schnitt zwei, drei Kilogramm Wolle. Arbeitsschritte, die wir auf der Alm noch nicht erledigen können, wie zum Beispiel die Lodenherstellung, geben wir an regionale beziehungsweise österreichische Partner ab.“
Im Stall führen ein paar der Stuten Fohlen
„Mit Alpakas zu leben und zu arbeiten, ist für mich etwas Besonderes. Deshalb ist es mir wichtig, die Wolle soweit es irgend geht selbst zu verarbeiten und solche Qualitätsprodukte anbieten zu können. Mein Ziel ist eine biologische und nachhaltige Wirtschaftsweise, dazu gehört zum Beispiel auch Wasser aus der eigenen Quelle, eine Photovoltaikanlage oder eine Kläranlage auf Pflanzenbasis.“
Hof auf 1265 Höhenmetern
Natürlich zeigt er seinen Gästen gern den Betrieb, es gibt regelmäßige Hofführungen. Und: Es gibt Wanderungen mit den Alpakas. Der Hof liegt auf 1265 Höhenmeter und ist umgeben von bilderbuchschönem Gebirgspanorama. Wer die steilen Serpentinen aus dem Tal hinauf zum Kitzsteingut geschafft hat, befindet sich in einem Landschaftsmosaik aus Weiden und Wäldern, mit phantastischem Blick hinunter.
Durchatmen und runterkommen
Mit den Alpakas durch diese Natur zu wandern, dabei durchzuatmen und runterzukommen, ist ein angenehmes und schönes Erlebnis. Die Tiere sehen nicht nur knuffig und treuherzig aus, ihr Wesen beruhigt den Menschen auch. Allerdings: „Obwohl sie so herzallerliebst aussehen – sie mögen es nicht, wenn man mit ihnen kuscheln will.“
„Diese Ruhe und Gelassenheit, die sie ausstrahlen – das ist doch Balsam für die Seele!“
Durch den Wald zur Futterstelle
Es dauerte nicht lang, bis es auf dem Kitzsteingut auch Alpaka-Wanderungen für Gäste gab.
„Zuerst hole ich die Tiere von der Weide und lege das Halfter an, dann bekommen die Gäste eine kurze Einweisung – und können ihre Alpakas selbst führen. Zunächst gehen wir durch den Wald knapp 200 Höhenmeter hinauf zu einer Wildfütterungsstelle; dort bekommen die Alpakas ihr Leckerli. Eine solche Tour dauert in der Regel rund zwei Stunden.“
Alpakas brauchen wenig Platz und wenig Futter, sie sind genügsame Rasenpfleger. Zudem: Das Kitzsteingut liegt in der Bergzone IV, das heißt, dass der Hof wegen seiner Lage und der Steilheit seiner Weideflächen sehr aufwendig zu bewirtschaften ist.
30 Alpakas auf dem Hof
„Alpakas sind besonders berggängig, ihre Heimat sind die Anden, und sie sind leichtfüßige Tiere, deshalb sind die steilen Berghänge hier bei uns auf dem Hof für sie kein Problem. Schnee und Frost machen ihnen nichts aus. Es sind die perfekten Tiere für mich und meine Landwirtschaft. Die Tiere wiegen nur 60 bis 80 Kilogramm und die steile Weide, der Boden, wird durch ihre weichen Fußsohlen kaum beschädigt, der Zeitaufwand für die Versorgung und Bewirtschaftung ist überschaubar.“
Zur Zeit leben auf dem Hof 30 Alpakas. Heute Vormittag ist es regnerisch und die Wolken wehen um den Hof, sie liegen unten über dem Tal und oben um die Berge. Bernhard Maurer sowie Lebensgefährtin und Angestellte Ingrid Püls (55) holen zwei Alpakas, Eric und Bruno, von der Weide.
Mit Leckerli zum Spaziergang
Mit ein paar Leckerli werden die Tiere zum Spaziergang überredet und ihnen die kurze Trennung von ihrer Herde versüßt. Die Alpakas haben eine beruhigende Wirkung auf die Wandergäste, und Ingrid berichtet über die Tiere sowie die Wollverarbeitung.
Im Jahr 2008 zog Bernhard Maurer (56) auf den damals bereits unbewohnten Hof seines Vaters. Zwei Jahre später machte er, der vorher 26 Jahre als Finanzberater tätig war, seinen Facharbeiterabschluss in Landwirtschaft. 2014 übernahm er schließlich das Kitzsteingut, baute es nach seinen Vorstellungen um und begann mit den Alpakas.
Familienbetrieb mit Tradition
Das Kitzsteingut ist ein Familienbetrieb, hier wurde bis 2007 Milchvieh gehalten – was sich aufgrund der Lage und Größe des Hofes in der heutigen Zeit nicht mehr lohnt. Bernhard Maurer musste sich etwas überlegen, wenn er das Erbe erhalten wollte.
„Wie sollte das hier weitergehen? Mache ich es selbst oder gebe ich den Hof ab? Ich bin schließlich kein Bauer. Rinderhaltung wäre viel zu aufwändig geworden, es ging schon deshalb nicht.“
Es musste etwas Neues sein
Zwangsläufig musste es für Bernhard Maurer und das Kitzsteingut etwas Neues sein.
„Ich musste meine Landwirtschaft komplett neu denken. Anders denken.“
Vieles ist möglich, wenn man nicht zu eng denkt – ich war kein Bauer, ich konnte freier denken! Hier waren versteckte Potentiale, ich musste sie nur entdecken, wenn man die findet, hat jede Landwirtschaft Potential.“
Bernhard Maurer machte sich auf die Suche nach neuen Nutztieren. Solchen, mit denen er als angehender (Nebenerwerbs-) Landwirt umgehen konnte und die die Alm erhalten. Kurzum: wenig Aufwand, finanzieller Ertrag. Schafe, Ziegen, Damwild kamen auch nicht infrage.
Tiere mit ökologischem Nutzen
An Alpakas dachte er zunächst nicht, kannte diese Tiere aber, ging pragmatisch ran – und hatte bald eine Alpaka-Alm. EU-Fördermittel gibt es auch. Denn die Tiere sind nicht nur hübsch anzusehen und Produkte ihrer Wolle gut zu verkaufen, sie haben einen ökologischen Nutzen, und es wurde aus einem Nebenerwerbs- schließlich ein Vollerwerbsbetrieb.
Almen sind wertvoller Lebensraum
Almen sind eine Kulturlandschaft – sie müssen bewirtschaftet werden, damit sie erhalten bleiben. „Alm-Kulturlandschaft ist wertvoller Lebensraum, der erhalten werden sollte“, sagt Bernhard Maurer. Ist das nicht der Fall, werden Almen also aus wirtschaftlichen Gründen aufgegeben, verschwindet die Graslandschaft, Büsche und schließlich Bäume werden kommen. Mit der extensiv genutzten Weide verschwinden Pflanzen und Kräuter, Insekten und Schmetterlinge, Vögel und Artenvielfalt.
Höfe wie das Kitzsteingut, manche Gebäude hier sind mehr als anderthalb Jahrhunderte alt, sind auch ein Kulturgut, hier kann man längst in einer Ferienwohnung Urlaub machen. Und so ist aus Bernhard Maurer doch ein Landwirt geworden, einer aus Leidenschaft.
Information:
http://www.almmonte.com– Alpaka-Alm Wollmanufaktur Bernhard Maurer, Wagrain/Österreich, Hofladen, Ferienwohnung, Wanderungen mit den Alpakas, Betriebsführungen: www.alpakaalm.at
– unser Autor übernachtete im Hotel Alpina Wagrain: www.hotelalpina.at
– empfehlenswertes Restaurant: Almmonte Restaurant 96/Wagrain www.almmonte.com
– Infos zur Urlaubsregion Wagrain: www.wagrain-kleinarl.at
– Infos zum Reiseland Österreich: www.austria.info
Diese Reise wurde unterstützt von Österreich Werbung und Wagrain-Kleinarl-Tourismus.
Alle Angaben ohne Gewähr. Dieser Bericht stellt keine Wertung untereinander und / oder gegenüber anderen Unternehmen, Personen, Waren oder Dienstleistungen o.Ä. dar und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.