von Oliver Abraham

Schmalnau, Hettenhausen. Die Herstellung von Speiseeis ist wie Kuchenbacken: gute Zutaten, die richtige Reihenfolge, in die Eismaschine statt in den Ofen. Und mit Liebe, natürlich. So erklärt es Michél Günther. Der Eismann aus der Rhön arbeitete im Marketing, gab das auf – aus Liebe zum Eis, aus Liebe zur Rhön. Michél Günther ist einer der „Eisheiligen“, gründete das Unternehmen, diese Eismanufaktur. Es begann mit der Eisdiele in Hettenhausen, nun bekommt man das Eis der Eisheiligen an inzwischen mehr als 250 Verkaufsstellen in ganz Hessen, produziert wird es in Schmalnau in der Rhön.

„Eis geht immer!“, (Natali Roth, eine Eisheilige)

Lokal, regional, saisonal sollen die Zutaten sein. Sofern sie in der Rhön wachsen oder produziert werden können. Bei Erdbeeren zum Beispiel, die kommen von verschiedenen Bauern aus der Gegend oder der Milch, die liefert Bauer Helfrich aus Poppenhausen. Das gilt zum Beispiel auch für Heu, das Bauer Heller vom Biohof an den hohen Hängen mäht, das gilt für Äpfel, Pflaumen, Birnen. Zwar wachsen auch Haselnüsse in der Rhön, Michél Günther bezieht sie jedoch aus dem Piemont. Kakao wächst nicht in der Rhön, die Eisheiligen achten darauf, dass bei der Schokolade und anderen Zutaten/Rohstoffen alles fair und ökologisch zugeht. „Wir haben eine Baumpatenschaft für einen Orangenbaum in Spanien“, sagt Günther, „von dem Baum bekommen wir die Orangen. Und den Zitronensaft lassen wir auf Sizilien herstellen – erste Ernte, bestes Aroma.“

DIE EISHEILIGEN, Rhön, in der Eisdiele in Hettenhausen präsentiert Natali Roth eine Bowl. Foto: Oliver Abraham
DIE EISHEILIGEN, Rhöšn, in der Eisdiele in Hettenhausen präsentiert Natali Roth eine Bowl. Foto: Oliver Abraham


Eis muss richtig lecker sein, dachte er sich. „Ich habe mich geärgert, dass Eis häufig Industrieware ist. Ich wollte ein Eis machen, das sich vom Standardprodukt unterscheidet“, meint Michél Günther, „ein natürliches Premium-Eis. Unser Eis ist frei von Farb- und Konservierungsstoffen, unser Waldmeister-Eis ist weiß und nicht grün. Wir setzen nicht nur auf Nachhaltigkeit, sondern auch auf soziale Verantwortung bei der Herstellung von Rohstoffen.“

Eine Erdbeer Bowl in der Eisdiele in Hettenhausen. Foto: Oliver Abraham
Eine Erdbeer Bowl in der Eisdiele in Hettenhausen. Foto: Oliver Abraham

Die Eisheiligen leben einen bewussten Umgang mit Natur, Mensch und Tier. Es gibt keinen Plastik; nicht bei den Löffeln, nicht bei den Bechern. Die kann man entweder aufessen oder sie verrotten. „Es gibt auch keine Kugeln, wir spachteln das Eis in die Becher. Und die üblichen Themen-Becher gibt es auch nicht.“ Es gibt Bowls nach Saison – zum Beispiel mit Eierlikör (der kommt auch aus der Rhön) ab Ostern, oder mit Erdbeeren (unbedingt und so lange es mit Früchten aus der Rhön nur irgendwie geht).

Bewußter Umgang mit Natur, Mensch und Tier

„Was wir noch nicht haben, ist Kirsch-Eis“, sagt Michél Günther, und es klingt, als bedauere er das selbst am allermeisten. In der Rhön wachsen Kirschen auch wild und nicht wenige davon, diese kleinen, fast schwarzen Früchte schmecken phantastisch. Warum es die noch nicht im Eis gibt? „Du kannst nicht jede Frucht eins zu eins ins Wasser geben und Eis daraus machen und so das volle Aroma übertragen“, erklärt er. Manchmal gehe das recht einfach, wie bei der Erdbeere, Banane oder Vanille, manchmal aber eben nicht. „Kirsche ist eine extrem schwere Frucht, Kirsche ist komplex – bisher war ich immer enttäuscht, wenn ich versucht habe, das volle Aroma der Kirsche, ihren ganzen Geschmack, ins Eis zu bekommen.“ Entweder ganz oder gar nicht. Bis das mit dem Kirscheis sitzt, und gewiss wird es das, werden die Eismeister probieren, tüfteln, hundertmal verwerfen.

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Die Eisheiligen leben einen bewussten Umgang mit Natur, Mensch und Tier. Foto: Oliver Abraham

Heu-Eis ist inzwischen ein Klassiker

Apropos Ausprobieren: Typisch für die Rhön sind die Bergwiesen, und wie toll riecht es nach der Mahd (Mähen), auch das ist der Geruch von Sommer auf dem Land. „Mach doch mal Heu-Eis – das haben mir ein paar Freunde vorgeschlagen“, erinnert sich Michél Günther, „…zuerst hatte ich keinen Bock!“ Dann wollten die Eisheiligen es natürlich doch wissen, denn Heu ist interessant: „Heu hat von Woche zu Woche andere Aromen, das duftet von Woche zu Woche verschieden – je nachdem, was gerade blüht.“ Den Geruch, dieses Sommer-auf-dem-Land-Gefühl, in Geschmack zu übertragen und in ein Eis dazu, war tatsächlich so schwer nicht: „Die Milch müssen wir ohnehin pasteurisieren, also erwärmen, dabei hängen wir zwei handelsübliche Portionen Bio-Heu in einem Filter in den Kessel. Dabei extrahiert die heiße Milch die Aromen von Gräsern, Kräutern und Blumen…“ Es schmeckt wie es riecht, inzwischen ein Klassiker der Eisheiligen.

DIE EISHEILIGEN, Rhön. Die Eisdiele in Hettenhausen. Foto: Oliver Abraham
DIE EISHEILIGEN, Rhöšn. Die Eisdiele in Hettenhausen. Foto: Oliver Abraham

Hanf-Blüten-Eis riecht, als ob jemand Gras raucht

Ob Hanf-Blüten-Eis das auch wird? Das Eis riecht, als ob jemand Gras raucht. Und damit kommt eine Sache auf den Punkt – nicht den Stoff selbst ins Eis übertragen, sondern nur seine typischen Aromen. Er reicht einen Prototypen, noch ohne Etikett, ein Erlkönig, „Mitarbeiter und Lieferanten testen es, bevor entschieden wird, dass wir die Sorte aufnehmen.“ Entwickelt werden solchen Sachen zusammen auch mit Fachleuten für Ernährung und Technik. Man muss das auch dürfen und können. „Hanfblüten werden von Hand geerntet, und sie sind damit ziemlich teuer“, sagt Michél Günther, „aber Hanf ist ein interessanter Rohstoff, die Idee dazu hatten ein paar Freunde, Green Pioniers.“ Es ist übrigens rauschmittelfreier Nutzhanf, der in der Rhön angebaut wird und den sie dazu verwenden.

Im Herbst werden neue Sorten entwickelt

Meistens im Herbst setzen sie sich zusammen – Mitarbeiter, Kollegen, Freunde – und überlegen sich, welche Sorten man gemeinsam entwickeln könnte, mit welcher Frucht man es mal versuchen könnte. Haben zugehört, was Kunden im Sommer gesagt, nachgefragt haben. „Wir probieren das dann gemeinsam so lange aus, bis wir einen geschmacklichen Konsens gefunden haben“, sagt er. Bei aller Zeitgeistigkeit sei er selbst eher ein Fan von „straighten Sorten“ – Klassiker, klare Kante, und möglichst auch keine Bindestrich-Sorten. Ohne Quatsch, so auch das Motto der Eisheiligen. Was floppte, waren zum Beispiel Rhababer-Rote Beete oder Johannisbeere-Vanille-Rosmarin. Hingegen: Heu-Eis ist ein Kracher, von dem sie es nicht erwartet hätten.

Dann endlich Hettenhausen, endlich in die Eisdiele. Gelegen in einem jahrhundertealten Gebäude in dem schmucken Rhön-Dörfchen an der jungen Fulda, ein Idyll ist der Ort und die Brunnen plätschern. Die Eistruhen summen sachte und hellblaues Licht leuchtet sanft darin. Natali Roth ist stellvertretende Filialleiterin dieser Eisdiele und baut einen Bowl, einen Eisbecher, der hier nicht Becher heißt. Dann spachtelt sie drei Sorten in den Becher. Hier heißt es nicht „drei Kugeln“, hier heißt es „Großes Glück“. „Die Bowls richten sich hauptsächlich auch nach der Saison, also nach dem Obst oder den Früchten, die gerade bei uns in der Rhön reif sind“, sagt sie. Mit Blick auf den Herbst also beispielsweise Apfel oder Birne. Auch nach manch häufigem Kundenwunsch richte man sich. Um den absoluten Klassiker Erdbeer-Eis kommen aber auch die Eisheiligen nicht drum rum.

Eine Eistorte bei den EISHEILIGEN mit Natali Roth (links), Verena Frohnapfel. Foto: Oliver Abraham
Eine Eistorte bei den EISHEILIGEN mit Natali Roth (links), Verena Frohnapfel. Foto: Oliver Abraham

Ihre Kollegin Verena Frohnapfel schiebt eine Eistorte aus der Kühlzelle in die Eisdiele. Die hat die gelernte Köchin tags zuvor gebaut. Eistorten gehen auch richtig gut, diese hier zur Hochzeit. 15 Kilogramm, für hundert Leute, 500,-€. Und einige Stunden Arbeit an den vier Stockwerken Kunststück, mit Erdbeere und Schokolade, pro Stockwerk zwei Sorten, das, was der Kunde sich aus dem Sortiment wünscht. Die beiden Damen verzieren die Torte mit gefrorenen Früchten und getrockneten Blumen aus der Rhön. Und jetzt fährt die Eistorte, ganz vorsichtig tut sie das, zur Hochzeit.

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Detail an einer Eistorte. Foto: Oliver Abraham

Natali Roth steht wieder hinter der Theke, bei den Truhen. Klasse statt Masse, natürlich, wenige Sorten, ohne Quatsch eben. „Meine Lieblingsorten sind Haselnuss und Mango, Erdbeer und Vanille“, sagt Natali Roth. Und es gibt Tage, da wird hier im Akkord gespachtelt, um die Schlange auf der Straße halbwegs kurz zu halten. Ein Lächeln im Gesicht aber bei allen Leuten, vor und hinter der Theke. Dort bei den Eisheiligen, wo das Große Glück wartet. Eisheiligen.de

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