Von Oliver Abraham

„Weißt Du, wieviel Sternlein stehen?“

Die Nacht kommt früh und Dunkelheit legt sich über die Rhön. Über den Bergen beginnt ein Sternenhimmel zu funkeln. So klar und so phantastisch. Selbstverständlich ist das in Deutschland nicht.

„Wo wird es schon richtig dunkel?“

Nur noch wenige Regionen, und die Rhön gehört dazu, kennen eine natürliche Nacht. Liegen abseits von dem, was man Lichtverschmutzung nennt. Über wenigen Orten prangen Sterne so brillant wie über den Kuppen des Sternenpark Rhön. Nicht nur das Land der offenen Fernen ist diese Gegend, sondern auch das des weitgehend ungetrübten Sternenhimmels.

Nachts im Sternenpark Rhön
Nachts auf der auf der Wasserkuppe in der Rhöšn, der Mond leuchtet auf den ersten Blick beinahe unheimlich, so kräŠftig ist das Licht der Nacht. Foto: Mario Vedder

Unterwegs zur Wasserkuppe im Sternenpark Rhön

Der Weg führt auf die Wasserkuppe, fast tausend Meter hoch und der höchste Berg in Hessen. Das Licht der Auto-Scheinwerfer huscht über weite, freie Flächen hier oben. Die Lichter des Parkplatzes sind bald außer Sicht, stören nicht mehr, sind vergessen.

Keine Lichtverschmutzung mehr, nur noch Nacht, wie man sie kaum mehr kennt. Weit weg glimmen, unterhalb des Betrachters gelegen, die Lichter mancher Stadt; Fulda ganz sicher, das ferne Frankfurt vielleicht. Die Blinklichter der Flugzeuge auf dem Weg dorthin. Und, etwas näher, scheint das heimelige Licht der Orte in den Tälern. Es stört weiter nicht, es gibt der Szene eine wundersame Atmosphäre.

Wie schnell sich die Augen an die vermeintliche Dunkelheit gewöhnen! Doch, man kann sehen in der Nacht, eher ist´s vielleicht zusätzlich ein Ahnen und viel Fühlen. Die Sinne sind geschärft und Instinkte wacher.

„Also – keine Angst vor der Nacht.“

Im Gegenteil: Es ist reizvoll, draußen zu dieser Zeit unterwegs zu sein und macht zunehmend neugierig auf neue Erfahrungen. Warum sich also nicht daran erfreuen, wie gut man nachts sehen kann und eben keine Angst haben muss.

Wasserkuppe im Sternenpark Rhön
Die markante Kuppel der alten Radaranlage auf der Wasserkuppe, das Radom. Foto: Mario Vedder

Die markante weiße Kuppel der alten Radaranlage, des Radom, leuchtet auf den ersten Blick beinahe unheimlich, so kräftig ist das Licht der Nacht. Vor allem das des Mondes, der tief am Horizont steht und selbst zur störenden Lichtquelle bei einer Sternenbeobachtung werden kann.

„Wie irgendetwas mit Weltraum sieht diese Anlage aus.“

Hier oben auf der Kuppe ist es erhaben im wahren Wortsinn: In die Täler schleicht sich Nebel, er schimmert fein und sanft, legt sich wie ein Schleier über das letzte künstliche Licht. Mystisch ist das. Dann der Blick nach oben, und der macht schwindelig – fast hat man das Gefühl, man stürze hinein in die Endlosigkeit des Raumes.

„Unermesslich und haltlos. So viele Sterne, so überwältigend.“

Traumhafte Sternenbilder im Sternenpark Rhön

Orientierung gibt es dennoch. Ein Sternbild kennen fast alle Leute und finden es auf Anhieb – es ist der Große Wagen. Vermutlich deshalb, weil das Bild so prägnant ist und – im Gegensatz der allermeisten anderen Sternbildern – immer am Himmel zu sehen ist.

Viele Sternbilder sind nicht über das gesamte Jahr zu sehen, und von der Stunde des Betrachtens hängt es auch ab. Noch etwas Besonderes: Der Große Wagen weist die Himmelsrichtung. In der fünffachen Verlängerung der beiden hinteren Kasten-Sterne nach oben leuchtet der Polarstern und der steht immer auf Nord.

„Im Januar ist das Zeitfenster für die Sternenbeobachtung sehr groß“, sagt Sabine Frank, Leiterin des Sternenpark Rhön und Sternenführerin, „…und so kann man in der frühen Abendstunde sogar noch deutlich die Sommermilchstraße am Himmel sehen, die sich nun von Ost-Südost nach Nord-West erstreckt. Der Sommermilchstraße schließt sich die etwas schwächere Wintermilchstraße an, mit dem Sternbild Cassiopeia. Und kurze Zeit später geht der Hund auf…!“

Die alte Radaranlage Radom auf der Wasserkuppe im Sternenpark Rhön
Das nächtliche Himmelszelt erstreckt sich über der Wasserkuppe, wo das Radom den höchsten Berg Hessens ziert. Foto: Mario Vedder

Sirius ist der hellste Stern am Winterhimmel und Hauptstern im Sternbild Großer Hund. Ein verlässlicher Begleiter, ebenso wie sein Kompagnon (und auch ein Sternbild) der Kleine Hund. Sein Hauptstern ist Prokyon.

Sirius wird man gewiss am Firmament finden, so deutlich ist er, im Januar geht Sirius in südlicher Richtung gegen 22 Uhr auf. Frühe Völker gaben den Sternbildern Namen und Geschichten – so stellt die griechische Mythologie die beiden Hunde dem Himmelsjäger Orion an die Seite. Das markante Sternbild Orion mit seinen drei eng stehenden, hellen Sternen im Gürtel des Jägers steht westlich im Bezug zum Großen Hund.

„Orion soll einst geprahlt haben, alle Tiere im himmlischen Zoo zu erlegen. Artemis, die Göttin der Jagd, war darüber erzürnt und wandte sich an die Erdgöttin Gaia“, sagt Sabine Frank.

„Gaia schickte einen Skorpion, um dem Himmelsjäger in die Ferse zu stechen.“

Und es ist genauso auf der himmlischen Bühne: Neigt sich Orion zum Abschied gen Horizont, taucht der Skorpion auf, also das Sternbild an den Hacken des Himmelsjägers.

Führungen im Sternenpark Rhön

Solche Geschichten und viele mehr kennt und erzählt Sabine Frank. Sie bietet Wanderungen unter dem nächtlichen Himmelszelt an und hat solche Touren längst schon von komplizierter Technik befreit.

Früher gab es Himmelsführungen nur an Sternwarten mit großen Teleskopen. Dabei reiche doch ein normales Fernglas völlig aus sowie der Wunsch und Wille, sich auf die Nacht einzulassen, meint sie. Irgendwo da draußen, wo kein Kunst-Licht mehr ist, sondern nur noch natürliches Licht. Sie hat den Sternenpark Rhön maßgeblich mit begründet, eine der ersten Adressen fürs Sternegucken, und längst Vorbild für andere Regionen. Manch ein Sternenführer hat hier und bei ihr sein Handwerk gelernt.

Traumhafte Rhön Landschaft
Farbenspiel in der Rhšön. Foto: Mario Vedder

Sabine Frank nimmt ihre Gäste mit auf eine „klimaneutrale Fernreise mit den Augen“, wie sie das nennt. Bis hin zu Andromeda gehen ihre Ausflüge; unfassbare 2,5 Millionen Lichtjahre weit weg. Sie erklärt besonders gern den Stern Sirius, der ist mit 8 Lichtjahren Entfernung der Erde recht nahe und aufgrund seiner Horizontnähe funkelt er wie eine „Diskokugel“. Sagt Sabine Frank. Was sie tut, ist Astronomie für alle. Kompetent und kurzweilig, mit viel Leidenschaft.

„Soviel Sternlein stehen, weißt Du!“

Farbenspiel im UNESCO-Biosphärenreservates Rhön
Farbenspiel im UNESCO-Biosphärenreservates Rhön, nicht nur das Land der offenen Fernen ist diese Gegend, sondern auch das des weitgehend ungetrübten Sternenhimmels. Foto: Mario Vedder

Weitere INFORMATIONEN:

  • Schön zeigt sich im Januar auch das Sternbild Stier. Sein tiefrotes Auge – der Stern Aldebaran – zieht die Blicke auf sich. Und eine Geschichte zum Sternbild berichtet davon, wie der Kontinent Europa zu seinem Namen kam.
  • Die Überflugzeiten der ISS kann man per App erfahren.
  • Information: biosphaerenreservat-rhoen.de/natur/sternenpark-rhoen Der Sternenpark Rhön ist keine örtliche Einrichtung, also kein „Vergnügungspark“ mit Ein- oder Ausgang, sondern eine Auszeichnung des länderübergreifenden (Hessen, Bayern, Thüringen) UNESCO-Biosphärenreservates Rhön.

Alle Angaben ohne Gewähr. Dieser Bericht stellt keine Wertung untereinander und / oder gegenüber anderen Unternehmen, Personen, Waren oder Dienstleistungen o.Ä. dar und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

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